Es leuchtet, blinkt, surrt, vibriert… Ausgerüstet mit Motoren, Lichtern, Sensoren und programmierbaren Steuerelementen entwickeln Studierende Prototypen. Das “Denken mit den Händen” und die Arbeit mit elektronischer Hardware, Materialien und Werkzeugen ist im Digital Ideation-Studium ein wichtiger Bestandteil des Curriculums. Durch mobile Prototyping Kits kann diese Methode nun auch ortsunabhängig angewandt werden.
Es wird geschraubt, gelötet, gesägt, geklebt und geschnitten. Studierende im gestalterischen Vorkurs bereiten sich auf den interdisziplinären Studiengang Digital Ideation vor, in dem Design und Informatik gleichwertig nebeneinander stehen. Ihre ersten Ideen entwickeln die Studierenden auf Anhieb als simple Prototypen aus Papier, Karton, Alltagsmaterialien und Fundgegenständen. Durch das praktische Arbeiten entstehen fortlaufend neue Erkenntnisse und Ideen. Somit entwickeln sich die individuellen Projekte von Prototyp zu Prototyp. Bei der einen Arbeit ist die Betrachterin aufgefordert, mit einem Laubbläser eine Pflanze zu attackieren. Mittels Sensoren und einem Mikrokontroller-Programm werden diese Bewegungen direkt in Visuals und Sound umgewandelt, was die Befindlichkeit der Pflanze widerspiegelt und ihr damit eine Ausdrucksmöglichkeit verschafft. Eine weitere Arbeit zeigt eine interaktive Installation mit vielen künstlichen silbernen Pilzen, die bei Berührung verschiedene Klänge abspielen und damit als eine Art experimentelles Instrument inszeniert sind. Einen eher praktisch orientierten Ansatz wählt die Gruppe, die einen verspielten Futterautomaten für Katzen konzipiert hat.
Das “Denken mit den Händen” verkörpert ein prozessorientiertes Verständnis von Entwerfen, die Kreativen sind dabei in stetem Austausch mit dem bearbeiteten Material. Dabei soll die Hürde zum Experimentieren, auch mit technischen Elementen, möglichst klein gehalten werden. Im Rahmen des pandemiebedingten Distance Learning stellte sich die Frage, wie dieser Ansatz für Studierende auch ausserhalb der Hochschulräumlichkeiten ermöglicht werden kann – also z.B. zuhause, aber auch in Coworking Spaces, oder externen Workshop-Lokalitäten. Daraus haben wir als Projektteam von „Lab2Go“ das System der mobilen Prototyping Kits für ortsunabhängiges Arbeiten geschaffen.
Aufgrund von Erfahrungen von Dozierenden und Studierenden haben wir im Rahmen dieses Projekts ermittelt, welche Komponenten in den Prototyping Kits enthalten sein müssen und welche Anforderungen an die Kits bestehen. Damit stellten sich gleich zu Beginn des Projekts einige Herausforderungen bei der Entwicklung der Kits. So sollten die Kits beispielsweise möglichst ohne externe Werkzeuge verwendbar sein und auch eine Grösse nicht überschreiten, die noch bequem in einen Rucksack passt. Sehr bald entwickelten wir erste Kits und testeten diese mit nutzungszentrierten Methoden direkt im Unterricht. Damit zeigte sich, dass es verschiedene Ausführungen der Kits braucht. Bisher sind ein Basic Kit für den Einstieg in die Welt der elektronischen Komponenten und Steuerelemente entstanden und ein Motor Extension Kit, das für die tiefere Auseinandersetzung mit verschiedenen Motoren und komplexeren Ansteuerungsmöglichkeiten konzipiert ist. Die Basic Kits wurden bereits in verschiedenen Modulen von Digital Ideation, im gestalterischen Vorkurs, in interdisziplinären Modulen von Design Film Kunst (+Colabor-Module, vormals IDA-Module) und in individuellen Projekten von Studierenden verschiedener Studienrichtungen verwendet, getestet und mehrfach iteriert. Im Testing hat sich auch der Bedarf nach zusätzlichen Informationen über die einzelnen Komponenten erhärtet. Zudem sollen einfache Einführungsaufgaben angeboten werden, die das Kennenlernen des Kits vereinfachen. Dadurch stellen wir parallel zu den Kits eine ergänzende digitale Informations-Ebene bereit, die über den QR-Code auf den Kits einsehbar wird.
Wer sich online umschaut, findet auch andere Prototyping Kits, die eine ähnliche Idee verfolgen. Im Kontrast dazu sind unsere Kits jedoch direkt auf die Bedürfnisse der Dozierenden, Studierenden und der Hochschule ausgerichtet. Einen besonderen Fokus legen wir dabei auf die Verwaltung der Kits. Die Kits können ausgeliehen und damit mehrfach wiederverwendet werden. Im Sinne der Nachhaltigkeit bleiben nach Gebrauch keine Einzelteile ungenutzt übrig, sondern diese werden erneut eingeordnet. Defekte Teile sind durch das räumliche Design der Organisation in den Kits leicht zu identifizieren und dadurch schnell ersetzbar. Ersatzteile können einzeln nachbestellt und schnell geliefert werden. Aktuell sind wir im Kontakt mit geeigneten Shops in der Schweiz und prüfen eine mögliche Zusammenarbeit für das Projekt. Aufgrund von bekundetem Interesse aus anderen Studienrichtungen der HSLU streben wir auch eine Ausweitung des Einsatzgebiets der Kits an. Wegen des geringen Verwaltungsaufwandes können verschiedene Orte wie Werkstätten oder „Makerspaces“ zu direkten Verteilern für die Ausleihe der Kits werden.
Die Erkenntnisse aus dem Projekt, gerade in Bezug auf die einfache Verwaltung und Ausleihbarkeit, sind auch auf andere Bereiche übertragbar. In der Digitalisierung werden wir ortsunabhängiger, das Lernen findet da statt wo die Menschen sind, und wir sind immer weniger an feste Räume gebunden. Das sorgt für einen erhöhten Bedarf, die Lernmaterialien und Arbeitswerkzeuge zu den Menschen zu bringen, statt umgekehrt. Wir sind gespannt, wie sich das Projekt im folgenden Jahr noch weiterentwickelt.
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Kontakt
Hochschule Luzern
Livia Müller
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+41 79 531 35 33
Image and film by Livia Müller
21. Juli 2022, Livia Müller und Andres Wanner